Täglich grüßt das Einfallstor: Faulheit ist Strategie der Cyberkriminellen

Hacker (Bild: Shutterstock)

Cyberkriminelle sind profitgierig, suchen den geringsten Widerstand, sagt Chester Wisniewski von Sophos.

Eine Wahrheit, die uns dieses Jahr erneut begegnet ist, hat mehr Nuancen als vielleicht erwartet: Nämlich wie faul Cyberkriminelle sind und wie agil sie gleichzeitig werden, wenn es darum geht, schnell auf Situation zu reagieren und von neuen Entwicklungen zu profitieren. Die Fälle, die in den letzten Monaten von unserem Incident Response Team bearbeitet wurden, zeigen deutlich, dass die Kriminellen ihr Fähnchen nach dem Wind richten und hauptsächlich zwischen der Verwendung gestohlener Anmeldedaten und der Ausnutzung ungepatchter Schwachstellen hin und her wechseln.

Opfer machen es den Cyberangreifern leicht

Das ist kein Wunder, denn warum sollten Angreifer sich unnötige Mühe machen und einen schwierigen Weg gehen, wenn ihre potenziellen Opfer es ihnen leicht machen? Ergo ist der einfachste Weg gleichzeitig der beliebteste. Wenn allerdings der Weg des geringsten Widerstands direkt mit der Verfügbarkeit hochkarätiger Exploits zu Beginn des Jahres verbunden war und jetzt deren Seltenheit Kriminelle dazu bewegt, zum Diebstahl von Anmeldedaten überzugehen, hilft uns dieses Wissen, eine effektive Verteidigung aufzubauen.

Erstens sollten wir mehr Zeit darauf verwenden, alle extern anfälligen Systeme zu patchen und zweitens sollten wir eine Multifaktor-Authentifizierung auf allen von außen zugreifbaren Systemen etablieren. Mit jeder zusätzlichen Schutzfunktion können wir die Hürden für Angreifer erhöhen und das in zweifacher Hinsicht. Verteidigungsmaßnahmen schützen nicht nur, sie verursachen bei den Cyberkriminellen auch Kosten und schrecken daher viele Akteure in der stark profitgeprägten Szene ab.

Zeitspanne zwischen Eindringen und Attacke sinkt

Eine weitere wichtige Erkenntnis aus dem Jahr 2023 ist, dass wir bei der Verteidigung viel weniger oder am besten keine Zeit verlieren dürfen. Die durchschnittliche Zeitspanne, die ein Angreifer benötigt, um in ein Netzwerk einzudringen und die finale Phase seiner Attacke auszulösen, ist von zehn Tagen im Jahr 2022 auf acht Tage in den ersten sechs Monaten des Jahres 2023 gesunken – Tendenz weiter fallend. Daher müssen wir bei der Angriffserkennung und -reaktion noch schneller werden, um die Attacken so früh wie möglich zu unterbinden.

Allerdings haben auch die Cyberkriminellen verstanden, dass Schnelligkeit ein Trumpf für erfolgreiche Angriffe ist. Die Gruppierungen spezialisieren sich daher immer stärker auf bestimmte Teilaufgaben und kooperieren in komplexen Netzwerken, um ihre Ziele so schnell und effizient wie möglich zu erreichen. Erschwerend kommt hinzu, dass sie mit den riesigen gestohlenen Geldsummen immer mehr talentierte Hacker anlocken, um eine Verteidigung zu durchbrechen.

Zu viele leichte Ziele und Einfallstore

Die wichtigste Lektion des Jahres 2023 ist, dass vieles, was falsch war, immer noch falsch ist. Zwar konnten wir einige wichtige Probleme, wie zum Beispiel das Ausnutzen von Flash und Java zur Kompromittierung von PCs oder die fehlende Internetverschlüsselung durch die fast flächendeckende TLS-Nutzung lösen, aber leider gibt es immer noch zu viele leichte Ziele und Einfallstore für die Cyberkriminellen.

Wenn wir bildlich gesprochen Türen und Fenster unverschlossen lassen, müssen wir uns nicht wundern, wenn Eindringlinge plötzlich im Wohnzimmer stehen. Die Schritte, die unternommen wurden, um gemeinschaftlich unsere Sicherheit verbessern, funktionieren erwiesenermaßen. Jetzt müssen wir auf diesen Erfolgen aufbauen und es für Kriminelle immer schwieriger und kostspieliger machen, ihre Ziele zu realisieren. Entscheidende Erfolgsfaktoren dabei sind das schnelle und vollständige Patchen aller Systeme, eine starke Nutzer-Authentifizierung sowie effektive Überwachungs- und Wiederherstellungsservices rund um die Uhr.

 

Chester Wisniewski

ist Director Global Field CTO bei Sophos.

 

 

 

 

 

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