Leistungsschutzrecht: Axel-Springer-Verlag gibt im Streit mit Google nach

Nach eigenen Aussagen beuge sich der Verlag dem wirtschaftlichen Druck von Google. Der Suchtraffic sei um knapp 40 Prozent zurückgegangen. In diesem Zusammenhang beschuldigt Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner Google der “Diskriminierung” und des Missbrauchs der Marktmacht.

Der Axel-Springer-Verlag erteilt Google im Streit um das Leistungsschutzrecht, als letzter durch die Verwertungsgesellschaft VG Media vertretener Verlag, eine Gratislizenz. Diese gilt nun auch für die verbliebenen vier Titel welt.de, computerbild.de, sportbild.de und autobild.de.

google-springer_800x600Wie der Verlag mitteilt, sei das eine Reaktion auf einen allgemeinen Suchtraffic-Rückgang von fast 40 Prozent. Daraus sei ein wirtschaftlicher Druck entstanden. In den vergangenen zwei Wochen soll der von Google News stammende Datenverkehr sogar um knapp 80 Prozent eingebrochen sein.

Google hatte im Rahmen einer Klage durch die von der VG Media vertretene Verlage angekündigt, ab dem 23. Oktober keine Snippets mehr von Artikeln der fraglichen Publikationen anzuzeigen. Der Konzern wollte nur noch einen Link zum Artikel sowie dessen Überschrift anzeigen, wie es das von Springer befürwortete Leistungsschutzrecht vorsieht. Die Kläger wollen eine Zahlungspflicht für die von Google angezeigten Vorschautexte und Bilder (Snippets) durchsetzen. Der Großteil der in der Verwertungsgesellschaft organisierten Verlage hatten bereits zuvor Google eine widerrufliche Gratiseinwilligung zur unentgeltlichen Nutzung der Presseerzeugnisse erteilt.

Zunächst erteilte der Axel-Springer-Verlag für die vier genannten Publikationen keine solche Einwilligung. Man wollte mit diesem Schritt “die Folgen der verschlechterten Suchergebnisse für die laufenden Gerichtsverfahren zur Durchsetzung des bestehenden Presseleistungsschutzrechts dokumentieren”, teilt der Verlag nun mit. Nach Ansicht des Unternehmens sowie der VG Media missbrauche Google die marktbeherrschende Stellung, “um Verlage zu einer unentgeltlichen Lizenz zu zwingen und das am 1. August 2013 in Kraft getretene Gesetz ins Leere laufen zu lassen”. Wer dies nicht akzeptiere werde durch empfindlichen wirtschaftlichen Druck zum Einlenken gezwungen. Den möglichen finanziellen Schaden durch entgangene Vermarktungsumsätze beziffert Axel Springer auf Grundlage der derzeitigen Traffic-Rückgänge im siebenstelligen Bereich pro Marke bezogen auf das Gesamtjahr.

In einer Telefonpressekonferenz erklärte Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner: “Das ist vielleicht der erfolgreichste Misserfolg, den wir je hatten. So traurig es ist, aber wir wissen jetzt sehr präzise, wie massiv die Folgen der Diskriminierung sind, wie sich die Marktmacht von Google tatsächlich auswirkt und wie Google jeden bestraft, der ein Recht wahrnimmt, das der Deutsche Bundestag ihm eingeräumt hat.”

Durch die jetzt erteilte Einwilligung bestätigt der Axel-Springer-Verlag aber indirekt Googles Argument, dass seine Dienste ihm und anderen Verlagen unverzichtbaren und geldwerten Traffic zuführt. Denn der Internetkonzern hatte in dem Streit um das Leistungsschutzrecht stets betont, dass er jeden Monat über eine halbe Milliarde Klicks zu deutschen Nachrichtenseiten leite. Jeder dieser Klicks sei Einschätzungen des amerikanischen Zeitungsverbandes zwischen 12 und 16 Cent wert. Deutsche Werbepartner erhielten zusätzlich in den vergangenen drei Jahren eine Milliarde Euro von Google. Aus diesem Grund hätten sich viele Nachrichtenbetreiber dafür entschieden, die eignen Inhalte über die Google Suche oder Google News zugänglich zu machen. Insgesamt nutzten das Angebot rund 5000 deutsche Nachrichtenseiten.

Nicht nur Google ist von der eingereichten Beschwerde und Zivilklage der VG Media betroffen, sondern auch andere Anbieter von Suchmaschinen, die Vorschautexte und Bilder in ihren Suchergebnislisten anzeigen. Die Telekom sowie die 1&1 Internet AG haben den eigenen Portalen t-online.de sowie GMX.de und web.de Inhalte der betreffenden Verlage komplett entfernt. Die Schiedsstelle für Urheberrechtsangelegenheiten beim Deutschen Patent- und Markenamt, die dem Landgericht vorgelagert ist, ist für die Klage zuständig. Im Mai oder Juni 2015 ist VG Media zufolge mit einer Entscheidung zu rechnen.

Grundlage für die Klage respektive Beschwerde ist das 2013 verabschiedete Leistungsschutzrecht, das aber gegenüber früheren Entwürfen deutlich entschärft wurde. “Einzelne Wörter oder kleinste Textausschnitte” sind von der Regelung ausgenommen und bleiben damit lizenzfrei. Um genau diese von Google verwendeten Snippets ging es aber eigentlich bei dem Gesetz. Denn längere oder komplette Texte sind ohnehin durch das Urheberrecht geschützt.

Viele Online-Portale wie Focus Online, Handelsblatt.com, FAZ.net, Spiegel Online, Stern.de und Sueddeutsche.de haben sich der Beschwerde der VG Media nicht angeschlossen. Die NetMediaEurope GmbH, die die IT-Magazine silicon.de. ZDNet.de, ITespresso.de, CNET.de und GIZMODO.de betreibt, wird von der VG Media ebenfalls nicht vertreten.

[mit Material von Björn Greif, ZDNet.de]